16.06.2020
Kurzkommentar von Rudolf Hickel

Wer zahlt die Corona-Rechnung?

Debatte über Lastverteilung bei der Corona-Rechnung gewinnt an Dynamik

Die gegen die Corona-Pandemie gezielten Einschränkungen haben zum massiven Absturz der Produktion geführt. Abgesehen von den international agierenden Unternehmen sind es die vielen kleinen, meist inhabergeführten Unternehmen der Lokalwirtschaft, die unverschuldet von einer Insolvenz bedroht werden. Im föderalen Bundesstaat ist das einzige Richtige getan worden: Finanzierung von allgemeinen Rettungsund Überbrückungs- programmen. Darüber hinaus sind die Riesenlöcher durch Steuerausfälle gestopft worden. Auch die Bundesländer sind bisher ihrer gesellschaftlichen und gesamtwirtschaftlichen Verantwortung gerecht geworden.

Wie hoch ist die Rechnung, die die Corona-Pandemie Deutschland aufzwingen wird? Nach dem Mitte April verabschiedeten „Corona-Stabilitätsprogramm“ beläuft sich das Gesamtvolumen zusammen mit dem jüngsten Konjunkturprogramm mit 130 Mrd. Euro auf knapp 1. 400 Mrd. Euro. Und diese Summe dürfte auch wegen eines erforderlichen zusätzlichen Zukunftsinvestitionsprogramms nicht ausreichen. Schätzungen gehen am Ende von einen möglichen Belastungspotenzial des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der gesetzlichen Sozialversicherungen von 1.900 Mrd. Euro aus (einschließlich Garantien und Bürgschaften). Bisher wurde die Anti-Corona-Politik einzig und allein durch Kreditaufnahmen auf den Finanzmärkten aufgebracht. Dafür gibt es gute Gründe: Vermeidung krisenverschärfender Ausgabenkürzungen, langanhaltend niedrige Zinsen und eher Deflations- als Inflationsgefahr. Dazu kommt, Staatsanleihen sind trotz Minusrenditen als sicherer Hafen für die weltweiten Anleger hoch attraktiv, finden also reißenden Absatz.

Allerdings nimmt der Streit zu, wie lange diese Schuldenfinanzierung tragfähig sein wird und politisch durchgehalten werden kann. Die Stimmen der engstirnigen Gralshüter der Schuldenbremse, die die heutige Krise finanzpolitisch (noch) nicht begreifen, werden mit ihrer Forderung nach Kürzung der Staatsausgaben lauter. Dabei war ursprünglich die Aussetzung der Schuldenbremse, wie zur damaligen Debatte im Finanzausschuss nachzulesen ist, nur auf Naturkatastrophen („Jahrhundertflut“) beschränkt. Das weitere Kriterium „außergewöhnliche Notsituationen“ im Art. 115 GG, das für die Corona-Pandemie relevant ist, wurde erst in letzter Minute durch kritische Nachfragen der Vertreter der Linksfraktion in der Föderalismuskommission II aufgenommen. Jedenfalls war die finanzpolitische Herausforderung durch eine Pandemie dem historisch beschränkten Denkhorizont des mehrheitlichen Gesetzgebers fremd. Eine sozial gerechte Finanzierung der Corona-Schuldenlast zu sichern, muss mutig konzipiert werden. Andreas Bovenschulte, der Bürgermeister von Bremen, spricht zu Recht vom sozial verantwortlichen „Lastenausgleich“ mit Blick auf Adenauers Lastenausgleichsgesetz von 1952: Im Corona-Solidarfonds mit einer Laufzeit von 50 Jahren werden all diese Schulden gebündelt. Zur Finanzierung der Zinsen und Tilgung sollte über steuerpolitische Instrumente entschieden werden. Da könnte ein sozial- gerechter Corona-Soli, vergleichbar dem Solidaritätszuschlag auf der Basis des zu versteuernden Einkommens, zeitlich befristet eingeführt werden. Vorzuziehen wäre jedoch eine einmalige Abgabe auf sehr hohe Vermögen durch eine angemessene Freistellung heute unumstrittenen Vermögensbesitz über hohe Freigrenzen. Die einmalige Vermögensabgabe, die das Grundgesetz (Art. 106 Abs.1 Nr. 5) vorsieht, sollte zur Verhinderung einer Schockwirkung auf viele Jahre für die Unternehmen verteilt werden.

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