05.05.2002

MEMORANDUM '02

Blauer Brief für falsche Wirtschaftspolitik - Kurswechsel für Arbeit und Gerechtigkeit


Im Frühjahr des Jahres 2002 gibt es erstmals seit vier Jahren wieder mehr als vier Millionen registrierte Arbeitslose. Wie vor vier Jahren werden auch in diesem Jahr rund 7 Millionen Arbeitsplätze fehlen. Die Lage der Arbeitslosen, der RentnerInnen und der Armen hat sich in den letzten Jahren verschlechtert, und die Verteilung von Einkommen und Vermögen ist ungleicher geworden.

Nachdem der konjunkturelle Aufschwung, der die ersten Jahre der rot-grünen Bundesregierung begleitet hatte, im vergangenen Jahr zu Ende und in eine Rezession übergegangen ist, wird das Elend einer Politik offenbar, die unter dem Slogan "Arbeit und Gerechtigkeit" angetreten war, im Verlaufe von mehr als drei Jahren aber weder für das eine noch für das andere Ziel wirksame Maßnahmen ergriffen hat. Nach ersten zaghaften Ansätzen zur Korrektur der unsozialen Politik der Vorgängerregierung hat sie vielmehr den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit an ein konzeptions- und einflussloses "Bündnis für Arbeit" delegiert und in Sachen sozialer Gerechtigkeit eine weitgehende Kehrtwendung vollzogen. Sie hat ihre Steuerpolitik mehr und mehr auf die Begünstigung der Unternehmen konzentriert und ihre Haushaltspolitik statt auf Vollbeschäftigung auf den Abbau der Staatsschulden ausgerichtet. Die zu diesem Zweck aufgelegten Sparprogramme haben vor allem bei den Sozialausgaben eingeschlagen und die Lage der schwächsten Gruppen der Gesellschaft weiter verschlechtert. Die "Modernisierung des Sozialstaates", die die Regierung sich auf die Fahnen geschrieben hatte, bestand im Wesentlichen darin, unter dem Titel des "aktivierenden Sozialstaates" den disziplinierenden Druck auf Arbeitslose und SozialhilfeempfängerInnen zu erhöhen und den Einstieg in die Privatisierung der Altersicherung und ihre Auslieferung an die großen Akteure auf den Finanzmärkten zu organisieren.

Auf diese Weise will die Bundesregierung offensichtlich auch weiter machen. Aus dem Debakel der Bundesanstalt für Arbeit zieht sie nicht die Konsequenz, dass der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit nicht auf dem Feld der Arbeitsvermittlung gewonnen werden kann, sondern nur durch die Schaffung einer großen Zahl neuer Arbeitsplätze im Rahmen einer energischen Wirtschaftspolitik. Sie plant im Gegenteil - unter Nutzung des völlig unsinnigen Streites über den "Blauen Brief" aus Brüssel - ein neues Sparprogramm, das alle bisherigen Kürzungen in den Schatten stellen und insbesondere die Länder und Kommunen in den finanziellen Ruin treiben wird. Nach der Alterssicherung nimmt sie sich als nächstes das Gesundheitssystem vor, dass nun auch zu Lasten der PatientInnen in Richtung Privatisierung "modernisiert" werden soll. Bei der Rüstung und der Finanzierung von Militäreinsätzen ist sie demgegenüber zu neuen großen Ausgaben bereit.

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